hartbergerklMJg 1977 / Intendant des Klangforums Wien

Das Klangforum Wien wurde 1985 von Beat Furrer als Solisten-Ensemble für zeitgenössische Musik gegründet. Seit 1999 ist ein Altpiaristner, Sven Hartberger, Intendant dieses national und international sehr erfolgreichen Ensembles.

AP: Herr Dr. Hartberger, sie haben im Jahr 1977 maturiert. Wie ist es dann weitergegangen? Wie sind Sie Intendant des Klangforums Wien geworden?

Nach meiner Zeit im Piaristengymnasium habe ich einmal begonnen Rechtswissenschaften zu studieren, da es mich damals sehr interessiert hatte. 1982 habe ich promoviert und hatte nachher auch vor, einen juristischen Beruf zu ergreifen. Ich habe damals schon mein Gerichtsjahr begonnen, als ich jedoch erkannte, dass es bei der ganzen Rechtssprechung weniger um Gerechtigkeit als vielmehr nur um Geld geht, habe ich diesen Wunsch schnell verworfen und stattdessen begonnen Geschichte und Italienisch zu studieren.
Dann habe ich auch noch einen postgradualen Lehrgang „Kulturmanagement“ an der - damals war es noch eine - Hochschule für Musik und darstellende Kunst absolviert. Von dort wurde ich an die Wiener Staatsoper engagiert. Meine Aufgabe war damals die Logistik für die Japan-Tournee der Wiener Staatsoper im Jahr 1986 auf die Beine zu stellen.
1989 war ich Mitbegründer des „Wiener Operntheaters“. Anfangs spielten wir klassisches Repertoire, wechselten aber bald zu zeitgenössischen Stücken. Wir führten zum Beispiel „Tod in Venedig“ oder „Nixon in China“ auf. 1995 forderte ich dann ein eigenes Opernhaus für zeitgenössische Opern in Wien. Dies wurde auch politisch heftig diskutiert, jedoch nicht realisiert. 1999 wurde ich dann in die Intendanz des Klangforums Wien berufen.

AP: Was ist der Unterschied zwischen dem Klangforum Wien und anderen Klangkörpern?

Das Klangforum ist partizipativ organisiert. Das heißt, die 24 Kernmitglieder und ich setzen uns regelmäßig zusammen und reflektieren die vergangenen Aufführungen und planen gemeinsam kommende Projekte. Wir stimmen nicht jedes Mal ab, aber wir versuchen eine gemeinsame Linie zu finden. Das Ensemble hat somit eine große Eigenverantwortung und jedes unserer Projekte ist ein gemeinsamer Erfolg. Das Klangforum ist ein Solisten-Ensemble, die zeitgenössische Ensembleliteratur ist im Wesentlichen für solistisch spielende Instrumentalisten komponiert.

AP: Was sind Ihre Aufgaben als Intendant?

Ich sehe mich als fünfundzwanzigstes Mitglied dieses Ensembles, wenngleich ich auch kein Instrument im Ensemble selber spiele. Wie oben bereits erwähnt, Entscheidungen werden gemeinsam getroffen. Und meine Tätigkeit als Intendant muss ich natürlich auch im Einvernehmen mit dem Ensemble, von dem ich jeweils für vier Jahre bestellt werde, ausüben.
Meine Aufgabe ist es, Ideen von Ensemblemitgliedern aufzugreifen, selber Projekte vorzuschlagen und zu entwickeln und mit Veranstaltern zu verhandeln. Wir planen jetzt schon das Programm bis ins Jahr 2010. Nächstes Jahr spielen wir zum Beispiel innerhalb von zehn Monaten in zehn verschiedenen europäischen Hauptstädten, darunter Warschau, Brüssel, Rom, Moskau, Paris, London, Luxemburg, Berlin.

AP: Wo tritt das Klangforum auf? Wo kann man sich ein Bild von der Arbeit des Klangforums Wien machen?

Wir spielen im Jahr ca. 80 Aufführungen. Und das nicht nur in Wien, wir spielen auf der ganzen Welt. Wir haben eine enge Kooperation mit den Wiener Festwochen, wir spielen bei den Salzburger Festspielen und als „ensemble in residence“ bei der Biennale in Venedig. Darüber hinaus gibt es auch einen eigenen Konzertzyklus im Konzerthaus und seit 2005 spielen wir an der Opéra National de Paris, zu der die zwei großen Pariser Opernhäuser, die Opéra Garnier und die Opéra Bastille gehören, jedes Jahr eine neue Inszenierung einer großen zeitgenössischen Oper.

AP: Welche Produktion sehen Sie persönlich als größten Erfolg?

Da wir gemeinsam Entscheidungen treffen, gibt es nur Erfolge für das gesamte Ensemble. Aber ich will eine Produktion, die mir sehr am Herzen liegt, besonders hervorheben – auch weil ich viel mit dem Piaristengymnasium und dem dortigen Latein- und Griechischunterricht damit verbinde. Und zwar ist das die Produktion „Symposion“, die wir im Wiener Museumsquartier gespielt haben, aber auch beim Budapester Herbstfestival, bei der Biennale in Venedig, dem Festival transart und bei den Salzburger Festspielen. Die Aufführung beginnt um fünf Uhr nachmittags und dauert bis ein Uhr in der Früh. Dazwischen gibt es 7 Pausen, in denen sich das Publikum mit Anmut betrinken soll. Das ganze läuft so ab, dass wir in jeder Pause 2 verschiedene Weine anbieten, es kann gegessen und gesprochen werden. Das ganze basiert auf einer griechischen Sozialtechnik, die im fünften vorchristlichen Jahrhundert für kurze Zeit im attischen Raum geblüht hat. Die Produktion läuft bereits seit 2001, im nächsten Jahr wird sie in Luxemburg, Bozen und Huddersfield in England zu sehen sein.

AP: Auch am Piaristengymnasium gibt es viele Schüler und Absolventen, wir sehen es sehr oft bei unseren Generalversammlungen oder Adventabenden, die ein Musikinstrument oder Musik studieren. Gibt es einen Tipp, wie man in der Österreichischen Kunst- und Kulturszene Fuß fassen kann?

Einen „Geheimtipp“ gibt es sicherlich nicht. Wesentlich finde ich, dass man mit Begeisterung und Leidenschaft das tut, was einen freut und wozu man sich berufen fühlt, und dass man auf die Menschen, mit denen man gerne zusammenarbeiten möchte, ohne Scheu und mit dem klaren Anspruch mitzutun und mitzuarbeiten, zugeht.

AP: Gibt es besondere Erinnerungen, die Sie mit dem Piaristengymnasium verbinden?

Obwohl ich leider ein entsetzlich schlechter Schüler war, habe ich viele der Lehrer, die uns damals unterrichtet haben, in sehr guter Erinnerung. Sie haben es wirklich verstanden, uns neugierig zu machen. Ich habe sehr viel von ihnen gelernt, wenn auch nicht gerade in den Fächern, die sie unterrichtet haben. Viele von ihnen waren echte, beeindruckende Persönlichkeiten und Vorbilder. Ich denke da zum Beispiel an Prof. Resch, der uns in Mathematik unterrichtet hat und den ich sehr geschätzt habe und schätze, obwohl ich in Mathematik ganz besonders schlecht war. Oder an Prof. Hassfurther in Griechisch, Prof. Kislinger in Deutsch und Latein, Pater Wagner in Religion, den wunderbaren Prof. Weinfurter in Musik oder Prof. Risch in Geschichte, Prof. Holek in Geographie – allesamt Lehrer mit Haltung, Charakter und Witz. Und natürlich Prof. Wittmann, den ich leider nur in Turnen hatte, ein souveräner und liebenswerter Mensch, der unsere Skikurse geleitet hat und sicher für viele eine prägende Lehrerpersönlichkeit gewesen ist.

AP: Sie haben heuer 30jähriges Maturajubiläum. Wird es ein Klassentreffen geben? Bzw. gibt es noch Kontakt mit ehemaligen Schulkollegen?

Ich habe noch sehr intensiven Kontakt mit 5 – 6 ehemaligen Schulkollegen. Ein Klassentreffen ist im Herbst geplant.

AP: In Ihrer Freizeit, was unternehmen Sie da gerne?

Ich liebe die schönen Dinge. Und wenn ich in meiner Freizeit zum Beispiel Sport mache, dann nicht um des Sportes wegen. Ich gehe zum Beispiel gerne Wandern und Radfahren, aber nur auf schönen Strecken – nicht um jetzt Kilometer runterzuspulen, sondern um das, was ich tue zu genießen. Oder ich schwimme sehr gerne, aber nicht in einem Schwimmbad, sondern in einem schönen See. Ich schwimme zum Beispiel sehr gerne durch den Attersee. Ich bin einfach gerne in der Natur und liebe ihre Schönheit. Weiters bin ich auch Mitglied der Mykologischen Gesellschaft Österreich. Das verbindet mich mit John Cage, einem der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, der ebenfalls leidenschaftlicher Pilzsammler war.
Die Kunst lässt mich natürlich auch in der Freizeit nicht los. Ich höre sehr gerne klassische Musik, lese gerne und ich interessiere mich auch sehr für bildende Kunst.   MR / 2007