Eine Zeitreise und ein Aufruf, sich zu melden…

Jetzt, im Sommer 2020, ist es gerade einmal 45 Jahre her, dass die Film- und Lichtbildstelle des Unterrichtsministeriums grünes Licht für einen Film gab, der ein Stück Geschichte des Piaristengymnasiums festhielt. Nach vielen Jahren steckte ich nun die VHS-Kopie in den Recorder und ging auf eine Zeitreise. Ich sah Friedl Hassfurther, ich sah mich und meine mitwirkende Frau. Ich sah 30 Jugendliche, Gesichter, die mir einmal vertraut waren - kein Erkennen. 45 Jahre sind ja schon ein Stück Zeit. Das Mädel hier hieß Barbara, mehr kam nicht. Alles Jugendliche vor 45 Jahren, Maturajahrgänge Ende der 70er, vielleicht Anfang der 80er. Was wohl aus ihnen geworden ist? Haben sie ein gutes Leben gehabt? Hat ihnen die Kameradschaft in den Bergen etwas für ihr Leben mitgegeben? Wie alt werden sie wohl sein? Plusminus 60 habe ich mir errechnet und bin erschrocken weil das auch mein Alter spiegelt. Plus 10 oder so.

Ich rufe Herbert Dobrovolny an, erzähle ihm, was vor mir liegt und grüble laut, wer diese netten junge Leute im Film sein mögen. Alle Schülerinnen und Schüler des Piaristengymnasiums, Lehrer und Ex-Schülerinnen und Schüler als Bergführer. Ein Film, der ein Stück Geschichte des Piaristengymnasiums offenbart. Obwohl es ja um Bergwandern geht.

Herbert meint trocken: Aktion „ WANTED“.

Ich habe das Video digitalisiert und auf YouTube gestellt. Herbert kopiert Stills heraus. Das muss ein Storyboard werden, meint er. Soll er kriegen. Zunächst aber ein kurzer Exkurs in die Vorgeschichte, wieso das Piaristengymnasium ins Kino kam.

Begonnen hatte es damit, dass Professor Gottfried Hassfurther, ein erfahrener Alpinist und damals Vorsitzender der Akademischen Sektion des Alpenvereins, seine Liebe zu den Bergen auf Schülerinnen und Schüler des Piaristengymnasiums übertrug. Während des Schuljahres wurden an Sonntagen anfangs der 70er Jahre Bergwanderungen unter dem Schutz des Alpenvereins durchgeführt und ich durfte sehr früh als Bergführer dabei sein. Ich war damals angehender Turnlehrer, hatte Schilehrer- und Bergführerprüfungen absolviert und war als ehemaliger Schüler des BG VIII herzlich willkommen. Als Schilehrer auf Schulschikursen und eben an diesen Bergwandertagen als Bergführer.

Sehr bald organisierte Professor Hassfurther , selbst Turnlehrer und Altphilologe, die legendären Bergwochen. Die ersten beiden Ferienwochen unter Gleichgesinnten auf einer Hütte in den Alpen, Bergwandern, Klettern, Lernen an Natur und Praxis. Der „Chef“, wie Hassfurther in Alpinkreisen genannt wurde, lud mich ein, sowie auch meine spätere Frau Kinga Kaltenbach, MJ 1968. Mit seiner Frau Lore – ebenso Turnerin – bildeten wir ein Team am Berg mit 30 Jugendlichen. Beim Klettern kamen wir bis in obere Dreier, die Nichtkletterer machten Tagestouren. Und Alle waren unschlagbar beim erfrischenden Wildbach Umbauen am Ende des Tages.

Im Jahr 1975 beauftragte das Unterrichtsministerium Prof. Hassfurther mit dem Konzept für einen Lehrfilm „ Bergwandern“. Gedreht wurde der Film am Dachstein, Basislager war 2 Wochen die Austria Hütte. Gedreht wurde auf 16 mm. Das war richtige Filmarbeit, Kameramann Herbert Link drehte auf Perfektion, Drehverhältnis etwa 1:5. Also jede Szene etwa fünfmal, bis alles sauber gepasst hat.
Die Story war geradlinig: Eine Jugendgruppe - die Piaristenbergler (mit Bergführer, dargestellt vom „Chef“) - unternimmt eine Bergbesteigung. In einem zweiten Handlungsstrang unternimmt eine Kleinfamilie Mutter, Vater, Kind, dargestellt von meiner Frau, mir und dem ausgeliehenen fünfjährigen Neffen, ebenfalls die Besteigung, auf einer etwas anderen Route. Eigentlich sehr unaufdringlich und sympathisch wird an die Betrachter des Films Wesentliches über richtiges und sicheres Verhalten in den Bergen vermittelt.
Nach 45 Jahren genauso stimmig und aktuell.

"Wanted" ist der Aufruf!
Wer kennt wen in dem Film? Bitte schaut Euch 20 Minuten Zeitreise an.
Die Altpiaristner und ich freuen sich, wenn sich "Darsteller" von damals melden...

Roland Schmidl / Juni 2020

Das Storyboard zu „Bergwandern“:


Im Intro wird gleich klar gemacht: das ist kein Spaziergang. Das Dachsteinmassiv tritt fordernd und gebieterisch auf.


Gleich wird klar, was die Schule leisten muss: Geschicklichkeit, Trittsicherheit und gute Raumlage werden im Turnsaal
mit einem Geräteparcours gefordert, der Lehrer korrigiert, Trockenübungen für die kommende Expedition

 
Eine Familie – Vater, Mutter Kind – sind die Elemente des Ausserschulischen. Bergwandern nicht als Curriculum sondern als Freizeitgestaltung.
Die junge Familie packt bedächtig ein, Steinschlaghelme sind zu erkennen. Der Bub bringt das Taschenradio, gut so,
in der vordigitalen Zeit ein nützliches Informationsmittel.

 
Gleiche Zeit, anderer Ort : Der Lehrer indes sammelt seine Schülergruppe, eine letzte Lagebesprechung, dann geht es los.

 
Auf einem anderen Anstieg stellt sich die Familie unter und macht eine Erholungspause, auf den Kleinsten und Schwächsten wird besondere Rücksicht genommen.
Ein Imbiss zur Kräftigung, Abfall wird wieder eingepackt und die Wettervorhersage aus dem Radio gehört.
Das Wetter wird nicht halten und die Familie beschließt, vorsorglich eine Hütte aufzusuchen.

 
Die Jugendgruppe ist mittlerweile ober der Baumgrenze in den Felsen, auch hier wird Energie getankt und gerastet.
Der geübte Blick des Lehrers erkennt, dass der Aufstieg nichts mehr wird, zu schnell wechselt das Wetter.
Der Beschluss ist gefasst, ebenfalls die nächste Hütte aufzusuchen.

 
Die Kleinfamilie ist gut ausgerüstet und kann deshalb gesichert auf kurzem Weg absteigen. Bei der Hütte angekommen, regnet es bereits aus Kannen,
die Familie tritt ein, legt nasse Sachen ab und trifft im Gastraum die Jugendgruppe. Der Lehrer bittet sie, doch bei ihnen Platz zu nehmen.
Gleich ergibt sich Gesprächsstoff über die bisherige Tour.
Man beschließt, am nächsten Morgen abzusteigen und zwar gemeinsam. Der Gipfel muss auf besseres Wetter warten.

  
Am nächsten Morgen tönt ein alpines Notsignal aus den Wänden, schnell sind zwei Bergsteiger in Not ausgemacht und die Flugrettung informiert.


Alle haben sich richtig verhalten, die Bergsteiger werden ausgeflogen.


Die Jugendgruppe steigt mit der Familie ab, beschwingt auch ohne Gipfelsieg, denn: Der Weg ist das Ziel.


Gebt Euch den Film - und wenn Ihr Euch erkennt, dann mailt es uns doch: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!