mikoletzkykl

MJg 1964 / Generaldirektor des Österreichischen Staatsarchivs

Das Österreichische Staatarchiv zählt zu den weltweit bedeutendsten Archiven. 121 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreuen etwa 177.700 Regallaufmeter Archivgut. Seit 1994 ist ein Altpiaristner Generaldirektor dieser Institution. In unserem heutigen Interview erzählt uns Hon.-Prof. Dr. Mikoletzky über seine spannende Arbeit in der Geschichte Österreichs.

AP: Sehr geehrter Herr Prof. Mikoletzky, Sie haben im Jahr 1964 maturiert. Wie ist es bei Ihnen danach weitergegangen?

Nach meiner Zeit im Piaristengymnasium habe ich Geschichte und Klassische Archäologie an der Universität Wien studiert. 1969 wurde ich zum Dr.phil. promoviert und bin in das Österreichische Staatsarchiv eingetreten. 1991 wurde ich zum Direktor der Abteilung Allgemeines Verwaltungsarchiv und 1994 dann zum Generaldirektor des Österreichischen Staatsarchivs ernannt. Nebenbei war und bin ich auch in vielen Internationalen Gremien eingesetzt: Von 2004 bis 2008 zum Beispiel Präsident des Internationalen Archivrates. Weiters war und bin ich noch immer in vielen nationalen Gremien und Interessensvereinigungen wie zum Beispiel der Historikerkommission, die die Zeit zwischen 1939 und 1945 aufgearbeitet hat. Ich bin ebenfalls Vizepräsident des Verbandes Österreichischer Historiker und Geschichtsvereine oder Vorstandsmitglied der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs, um nur einige Beispiele zu nennen. Und was natürlich noch zu diesem Beruf gehört: Zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen im In- und Ausland, sowie Vortragstätigkeiten bei Kongressen und an in- und ausländischen Institutionen.

AP: Was sind die Aufgaben des Österreichischen Staatsarchivs?

Die Aufgabe des Staatsarchivs ist, grob gesagt, die Archivierung sämtlichen Schriftguts, welches in der Österreichischen Verwaltung entstanden ist. Das Staatsarchiv wurde ja aus der Zusammenlegung mehrerer Archive gegründet. Deshalb ist ja das Staatsarchiv auch noch heute in das "Allgemeine Verwaltungs-, Finanz- und Hofkammerarchiv", das "Archiv der Republik", das "Kriegsarchiv" und das "Haus-, Hof- und Staatsarchiv" gegliedert. Wir haben hier Überlieferungen aus über 1.000 Jahren Österreichischer Geschichte archiviert.

In unserer Restaurierwerkstätte werden die hier lagernden Archivalien restauriert.

Und neben der klassischen Aufgabe eines Archivs fungieren wir auch als Denkmalschutzbehörde, wenn es zum Beispiel darum geht, Archivalien zu schützen bzw. Ausfuhrgenehmigungen für diese zu erteilen.

AP: Welche Bestände findet man in "Ihrem" Archiv?

Das ist sehr gemischt. Bei uns findet man von alten "Adelsarchiven" angefangen, über die Korrespondenz des Kaiserhauses, Schriftstücke diverser Ämter und Kammern, Verträge, über Pläne für den Bau von Straßen, Staatsgebäuden oder Eisenbahnen so ziemlich alles.

AP: Wer kann das Archiv nutzen?

Jeder kann das Archiv nutzen. Wir haben ein breites Spektrum an Personen und Institutionen, die unser Archiv in Anspruch nehmen. Das geht vom privaten Ahnenforscher, über Historiker, Studenten, Hobbyhistoriker bis hin zu Personen von großen Unternehmen oder dem Bauwesen. Ich denke da zum Beispiel an Ingenieure der ÖBB, die hier Pläne über zum Teil immer noch bestehende Bahnstrecken finden.

AP: Zurück zu Ihrer Zeit im Piaristengymnasium. Wie haben Sie diese erlebt?

Ich bin ursprünglich in das Gymnasium in der Wasagasse gegangen. In der 4.Klasse bin ich dann auf Wunsch meines Vaters, der ebenfalls in das Piaristengymnasium gegangen ist, in unsere gemeinsame ehemalige Schule gewechselt. Dort war zu dieser Zeit Prof. Salomon Direktor, den ich noch aus der Wasagasse gekannt hatte.

Direktor Salomon war ein sehr strenger Mann. Er stand zum Beispiel jeden Morgen auf der Stiege des Gymnasiums um zu sehen, wann die Schüler und Lehrer in die Schule kamen. Wer zu spät kam, der erhielt als Strafe einen lateinischen oder griechischen Text zum Auswendig lernen und diesen musste man am nächsten Morgen im Zimmer des Direktors vortragen.

Aber nicht nur die Unterrichtsmethoden waren damals ganz andere als in der heutigen Zeit, auch das Gebäude war damals natürlich in einem anderen Zustand. In jedem Klassenzimmer stand ein Ofen, der im Winter jeden Morgen vom Schulwart eingeheizt wurde.

An die Lehrer von damals kann ich mich noch gut erinnern. z.B. Prof. Hassfurther in Latein, Griechisch und Turnen; Prof. Bayer in Chemie; Prof. Bartl in Naturgeschichte; Prof.Kettner in Musik; Prof. Lang in Deutsch; Prof. Deutsch in Mathematik; Prof. Gottschwara in Geschichte oder Pater Schmid in Religion.

Bei Pater Schmid fällt mir eine nette Geschichte ein: Und zwar hat dieser einem Schulkollegen in einer Schulstunde ein Tarockspiel weggenommen. Es war ein wirklich sehr schönes Tarockspiel, deshalb bat

er mich auch, als ich Jahre später wieder einmal das Piaristengymnasium besuchen wollte, dieses Kartenspiel von Pater Schmid wieder zu bekommen. Als ich unseren ehemaligen Religionsprofessor darauf ansprach, führte er mich zu einem Kartoffelsack, der bis obenhin mit einkassiertem Schülereigentum gefüllt war. Das Tarockspiel haben wir also nie mehr wieder gesehen ...   MR / 2008