kuscoMJg 1973 / Anwalt, Konzeptkünstler, Honorarprofessor

Künstlerischer Anwalt – eine Berufsbezeichnung, die ihm nicht gerecht wird. Sie skizziert nur ansatzhaft den schillernden Werdegang und die Entwicklung von Guido Kucsko. Vom Piaristenabsolventen zum Urheberrechtsspezialisten, Honorarprofessor und phantasiereichen Objektkünstler.


Die Wege des Schicksals sind oft unergründlich. Wie es wen warum in welchen Beruf „verschlägt“ ist erstaunlich. Bei Guido Kucsko war es in der Oberstufe seine Unlust, Fußball zu spielen. Er zog es vor, gemeinsam mit einem Freund, am Nachmittag fast täglich in der Schule zu sitzen und einem Menschen große Freude zu bereiten: dem Zeichenprofessor. „Friedrich Schatzinger hatte mit uns wahrscheinlich nur einmal Schüler, die sich für sein Fach interessierten. Er war rührend und hat uns jeden Nachmittag ein Akademie-Curriculum zusammengestellt“. Hoch-, Tief- und Flachdruck standen ebenso auf dem Programm wie Malgrund herstellen oder das selber Mischen von Ölfarben. Im Hof durften sie ein Sgraffito und ein Mosaik setzen. Schatzinger brachte ihnen alle Maltechniken bei und schickte sie am Abend in einen Akt-Zeichenkurs, weil er der Meinung war, sie müssen auch Zeichnen können. „Das hat dazu geführt, dass ich mit 17, 18 Jahren bereits heftig Ausstellungen machte. In Wien, in Deutschland und in der Schweiz“.

kucsko-05-klErst als er 18 war, entdeckte der Vater die Leidenschaft seines Sohnes für die bildenden Künste. Guido war der Meinung, er müsse nun gar nichts mehr machen, außer Künstler zu sein. „Was man mir auf der Akademie bot, hatte ich schon bei den Piaristen mitbekommen“, erinnert sich Kucsko, der auch keine Lust hatte, bei einem Phantastischen Realisten in die Meisterklasse zu gehen.

Das überzeuget die Eltern nicht und so schloss man einen Vergleich: er dürfe ein halbes Jahr mit seiner Kunst weitermachen, wenn er im anderen halben Jahr etwas „seriöses“ lerne. In der Maturakompanie beim Bundesheer stellte dann ein Kollege für Guido die Weichen. Er müsse in der kommenden Woche inskribieren, sagte er. Guido gab ihm seine Dokumente mit und bat, ihn für was auch immer anzumelden. Der Freund, selbst Sohn eines Anwalts, inskribierte Guido Kucsko also an der juridischen Fakultät.

Dem ersten halben Jahr „Künstlerleben“ folgte das zweite. Und nach einem Jahr konnte Kucsko bei der ersten Staatsprüfung nur die erste Frage richtig beantworten. Jene nach seinem Namen. Das Hölzel der Vorsitzenden, ob er sich krank fühle, verschaffte ihm die Möglichkeit, mit einem blauen Auge davonzukommen. Lustlos spulte er sein Studium ab, bis er einmal in eine Vorlesung kam, der nur drei Studenten folgten. Thema war „geistiges Eigentum“, und „Unlauterer Wettbewerb“, die Theorie war vollgestopft mit praktischen Fällen und begeisterte Guido.

kucsko-04-kl„Das war für mich das Gleiche, was ich als Künstler machte. Nur aus einem anderen Blickwinkel“. Nach der mit Auszeichnung abgelegten Prüfung fragte ihn der Professor, ob er nicht als Assistent arbeiten möchte. Guido stimmte zu und schlüpfte so unter die väterlichen Fittiche von Prof. Fritz Schönherr. Nach dem Gerichtsjahr war er Konzipient von Schönherr. Heute ist er Partner in der Sozietät, die 1950 vom legendären Juristen Fritz Schönherr in Wien gegründet wurde. Nach eigenen Angaben arbeiten in dreizehn Ländern rund 300 Juristen – etwa 550 Personen insgesamt – in der Wirtschaftssozietät, die somit eine der größten Kanzlei mit heimischen Wurzeln ist. „Das kleine Rechtsgebiet von damals ist heute ein Mega-Rechtsgebiet. Ich halte jene Vorlesung, die ich damals bei Prof. Schönherr gehört hatte, weiter und fülle den größten Hörsaal im Juridicum“.

Über viele Jahre legte er die Kunst beiseite. Die Familie und der Beruf nahmen die Hauptrollen ein. Erst vor zehn Jahren kam seine künstlerische Ader zu ihrem Recht. Kucsko richtete sich ein Atelier ein und eines Tages kam ein Museumsdirektor zu Besuch und lud ihn ein, auszustellen. Die letzte Ausstellung war im Sommer bei Hofstätter-Projekte in der Dorotheergasse. Als Konzeptkünstler arbeitet er mit der Kamera und digitaler Nachbearbeitung. Und die Parallelen zwischen dem Anwalts- und dem Kunstberuf definiert er pragmatisch: „Kreativität. Die Fähigkeit zur klaren Botschaft, zur Problemlösung. Wenn ich zwischen Büro und Atelier wechsle, nehme ich nur ein anderes Werkzeug zur Hand, die Mission ist dieselbe“.   HD / Okt. 2015