Pause und Jause – Das ungeschriebene Gesetz, dass nach dem Schrillen des legendären Tones der Schulglocke ein Imbiss(heute Snack) zu folgen hat, gilt für Generationen von Taferlklasslern bis zu Maturanten.

Doch wie hat sich die Schuljause im Laufe der vergangenen sieben Jahrzehnte verändert?

Die 50er
Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg war das Lebensmittelangebot noch nicht besonders üppig. Für die Schüler damals kein großes Problem – Hauptsache man wurde satt. Das Butter- oder Margarinebrot, manchmal auch das Schmalzbrot, bildete die Basis. Wahlweise gab es Schnittlauch, Salz, Honig, Marmelade oder einen Hauch von Streichwurst, um die hungrigen Mägen zu füllen. Als besondere Kreationen galten Brote mit Essiggurkerl und Senf. Vereinzelt soll auch Maggi Suppenwürze unter der Butterschicht zu finden gewesen sein. Dazu schmeckten die Schulmilch, auch als Butter- oder saure Milch, und ein Apfel. An ihm konnte man die Sorgfalt der Mütter erkennen: Von Apfel ganz bis geschält und in Spalten geteilt schafften es alle Varianten ins Klassenzimmer.

Die 60er
Die Zeiten wurden besser, die Nahrungsmittel vielfältiger und die Schulbrote bunter und Appetit anregender. Das Wurstbrot eroberte die Jausenboxen, vorzugsweise belegt mit Extrawurst, Wiener Wurst oder Mettwurst. Nach dem Wochenende war die Jause beliebtes Tauschobjekt, denn Brote mit Resten von Faschiertem Braten wechselten gegen Sonntagsschweinsbraten mit Gurkerl zwecks Abwechslung die Besitzerin und den Besitzer. Harte Eier und Obstsorten wie Orangen, Mandarinen und Bananen vervollständigten das Snackangebot. Besonders cool war es allerdings, wenn man es schaffte, die Eltern von der Zubereitung des Erdnuss-Bananen-Sandwich zu überreden, das ja bekanntlich Elvis Presleys Favorit gewesen ist.

Die 70er
Salami, Schinken und Käse in der Semmel – immer mehr Luxusausgaben von Weißbrot verdrängten das Roggenbrot mit der dünnen Aufstrichschicht. Wenn bestrichen, dann mit Liptauer, Frühlingskäse oder Eisalat. Obwohl Nutella bereits Mitte der 60er auf den österreichischen Markt kam, eroberte die süße Haselnusscreme die Welt des Schulbrotes erst jetzt. Auch sonst war süß „In“. Mit Nussschnecke, Topfengolatsche oder Faschingskrapfen konnte man schlemmen und neidvolle Blicke auf sich ziehen.

Die 80er
Die ersten gesunden Schulbrote zeigten sich in Form von magerem Käse mit Tomaten und Topfen mit Salatgurke, meist auf Vollkorn- oder Pumpernickelbrot. Wem dies dann doch zu gesund erschien, ging mit seinem Health Snack wieder zur Jausenbörse und verließ mit klopfendem Herzen unerlaubt das Schulgebäude, um eine Leberkäsesemmel beim nahe gelegenen Fleischhauer zu erwerben, die mit Taschengeld bezahlt wurde, das extra für derartige Notfälle weggelegt worden war.

Die 90er
Einflüsse aus den USA wie Burger und Hotdogs machten auch vor der Schuljause nicht halt. Um dem Trend zu folgen spielte es auch keine Rolle, wenn man am Weg in die Schule einen Cheeseburger oder Big Mac erwarb, der dann eiskalt in der großen Pause seiner Bestimmung zugeführt wurde. Dazu gab es gummiartige Pommes. Konnte man an diese Köstlichkeiten nicht herankommen, taten es auch Fleischlaberl mit Senf und Gurkerl in der Semmel mit Chips aus dem Packerl.

 

Die 2000er
Vegetarische Jausenvarianten machten Extrawurst und Co Konkurrenz. Gemüse und Frischkäse kamen immer öfter aufs Brot, begleitet von saisonalem Obst – von Mandarine bis Nektarine – Reiswaffeln und Müsliriegel. Allerdings wurde die hausgemachte Jause zunehmend seltener und durch Snacks vom Schulbüffet ersetzt. Muffins und Doughnuts sorgten für den internationalen Touch in der Pausenkulinarik.

Die 2010er
Vegane Ernährung, Superfood und andere Trends eroberten die Schuljause. Tofu, Reiswaffeln, Soja-Drinks und vegane Wurst waren ebenso gefragt wie Goji-Beeren, Smoothies und Granatapfelkerne. Im Gegenzug zählten aber alle Arten von Fastfood zu den Lieblingssnack der Schülerinnen und Schüler. Wraps waren die neuen Stars am Snackhimmel und wurden mit allem gefüllt, was der Kühlschrank hergibt. Besonders Huhn, Avocado und Tomate zählten zu den Favorits.

… und für alle, die sich jetzt „out“ fühlen, weil sie das gute alte Butterbrot mit oder ohne Wurst und Käse bevorzugen: Keine Angst, die Klassiker sind auch im Jahr 2021 noch „in“.

Elisabeth Dobrovolny-Strunz / April 2021