p-thalerMJg 1935 / Pfarre Maria Treu

P. Thaler ist der längstdienende und noch immer voll aktive Priester Wiens. Kein anderer hat in den letzten Jahren die Entwicklung der Pfarre Maria Treu, der Piaristenvolksschule und unseres Piaristengymnasiums so nachhaltig beeinflusst wie er..

AP: Lieber Pater Thaler, du bist in der Kochgasse aufgewachsen und hast im Jahr 1935 maturiert. Wie war es damals im Piaristengymnasium? Wie war der Unterricht?

Es ist natürlich schon sehr lange her und die Unterrichtsmethoden waren ganz anders als heutzutage. Ich kann mich da zum Beispiel an Prof. Hoffmann erinnern, ein richtiger Altprofessor, der uns in Naturgeschichte unterrichtet hatte. Er ist so vorgegangen, dass er Sätze begonnen hatte, dann hat er einen von uns Schülern aufgerufen, der den Satz vervollständigen musste.
Außerdem waren wir ja damals noch eine reine Bubenschule. Mädchen wurden ja erst viel später zugelassen. Unser Maturajahrgang 1935 bestand aus zwei achten Klassen mit jeweils 35 Schülern pro Klasse.

AP: Welche Erinnerungen hast du noch an die damalige Zeit in Bezug auf deine Gymnasialzeit?

Ich kann mich noch erinnern, dass wir sehr oft im Schönbornpark Fußballspielen waren. Schon damals war ich, wie auch später, sehr fußballbegeistert. Ich war auch oft im Stadion.
Meine Geschwister, wir waren ja fünf Kinder in der Familie, sind allesamt in eine Mittelschule gegangen. Ich bin damals mit Franz Kläring in die Klasse gegangen, der ja dann in späterer Folge ein bekannter ÖVP-Politiker und Vizebürgermeister von Salzburg geworden ist.

AP: Nach deiner Zeit am Piaristengymnasium, wie ist es dann weitergegangen?

Ursprünglich wollte ich ja ins Stift Zwettl, in den Zisterzienserorden eintreten. Habe mich dann aber doch anders entschieden und bin bei den Piaristen geblieben und 1935 in den Orden eingetreten. Zur selben Zeit habe ich auch die Lehrerausbildung begonnen, die ich dann mit der Ergänzungsmatura für Volksschullehrer abgeschlossen habe. Danach habe ich zu studieren begonnen. Ich hatte ja eigentlich vor, Professor am Gymnasium zu werden. Aber dann wurde ich 1939 zur Wehrmacht eingezogen.

AP: Und wie war die Zeit während des Krieges? Musstest du als Geistlicher ganz normal wie jeder andere auch Dienst an der Waffe verrichten?

Ja, es hat damals keine Ausnahmen gegeben. Ich war an der Ostfront in Polen und Russland eingesetzt. Und obwohl ich immer relativ weit vorne an der Front eingesetzt war, musste ich, Gott sei Dank, nie von der Waffe Gebrauch machen. Dafür bin ich Gott wirklich sehr dankbar. Einem anderen Ordensbruder ist es leider nicht so gut ergangen. Er musste die Waffe im Nahkampf einsetzen und hat bis zu seinem Lebensende – er ist gefallen - darunter gelitten.
Ich wurde dann während des Krieges, 1943, während eines Fronturlaubes zum Priester geweiht und im Mai 1945 bin ich dann in Russische Kriegsgefangenschaft geraten. Ich habe damals zu Gott gebetet, dass ich bald nach Hause komme. Mein Wunsch war es, und das hab ich damals auch in mein Tagebuch notiert, dass ich das Maria Namen Fest, das Ordensfest, am 12.September wieder zu Hause feiern kann. Am 15. August wurde ich dann wegen Unterernährung aus der Gefangenschaft entlassen. Die Entlassenen wurden dann auf Viehwaggons in die Heimat „geschickt“. Es war sehr heiß und wir waren fast 1 Monat unterwegs. 16 Mitgefangene sind bei dieser Fahrt ums Leben gekommen. Wir sind dann am 11. September 1945 in Ödenburg angekommen und wurden dort entlassen. Ich habe dann den nächsten Zug Richtung Wien genommen und tatsächlich bin ich am 12. September am Südbahnhof angekommen und konnte am Abend das Maria Namen Fest in Maria Treu feiern.

AP: Was ist während des Krieges mit den Piaristenschulen passiert?

Die waren natürlich geschlossen. Meine Rückkehr im September 1945 war nicht nur für mich ein großes Glück, sondern auch für die Piaristenvolksschule, denn der kommunistische Schulinspektor der Russischen Besatzungszone wollte den Schulbetrieb in der Volksschule nicht zulassen, da ein Lehrer gefehlt hatte und dann war ich plötzlich da, als ausgebildeter Volksschullehrer, und der Betrieb konnte aufgenommen werden.

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P.Thaler vor der Piaristenvolksschule 1950
(c) Pfarre Maria Treu

AP: Und wie ist es dann weitergegangen?

Von 1945 – 1972 war ich Lehrer und von 1972 – 1983 war ich Direktor in der Piaristenvolksschule. Die Arbeit mit Kindern hat mir immer sehr viel Freude gemacht, sowohl in der Pfarre als auch in der Volksschule, und vor allem zu sehen, wie sich die ehemaligen Schüler und Schülerinnen von damals entwickeln. Ich denke da zum Beispiel an einen Leopold März, ehemaliger Rektor der Universität für Bodenkultur, der sogar einmal voller Pflichterfüllung mit Fieber zum Ministrantendienst gekommen ist, an Josef Cap, den ich nicht nur in der Volksschule, sondern auch als Ministrant kennen gelernt habe oder an Opernsänger Heinz Zednik, der bei uns als Kind seine ersten Lieder gesungen hat. Aber es gibt wirklich viele schöne Erinnerungen an meine Lehrer- und Direktorszeit, an viele Erlebnisse am Sommerlager in Haiming, bei den Ministranten, der Jungschar oder den Pfadfindern.   MR / 2007