MJg 1900 / Lyriker und Dramatiker

Anton Wildgans wurde als Sohn des Ministerialvizesekretärs im Ackerbauministerium Dr. Friedrich Wildgans († 1906) und seiner Gattin Therese Charvat am Ostersonntag, dem 17.4.1881 um 4 Uhr geboren.

Seine Mutter stirbt vier Jahre später, 1885, an Lungentuberkulose.
Im ersten Volksschuljahr,1887, wird Anton von seiner Stiefmutter, der Konzertpianistin Marie Reitter, privat unterrichtet, und es beginnt auch der Musikunterricht, vor allem Geige, die er von seinen Eltern geschenkt bekommt. Ein Jahr später tritt er in die Volksschule bei den Piaristen ein.

Im Herbst 1891 erfolgt der Wechsel „über den Platz“ ins Piaristen-Gymnasium. Während seiner Schulzeit gründet Wildgans mit Mitschülern ein Streichquartett und jene kleine Orchestervereinigung, aus der dann später der „Akademische Orchesterverein“ hervorgeht.
Für die Maturazeitung schreibt er die „Keyzlariade, ein Epos in 3 Gesängen“ – in Hexametern, in dem er die Unterrichtsstunde seines Lateinprofessors Keyzlar humorvoll nachzeichnet. Bis vor einigen Jahren hing auch eine Gedenktafel beim Gymnasiumseingang.

 

Nach Besuch „unseres Gymnasiums“ studiert Wildgans an der Universität Wien, wo er 1908 zum Dr. jur. promoviert.

Vom 26.10.1904 bis 10.Mai 1905 geht Wildgans mit seinem Freund Arthur Trebitsch auf Weltreise. Trebitsch, ein sehr wohlhabender Mitschüler und später lebenslanger Freund, war an Augentuberkulose erkrankt. Die Ärzte verordnen ihm eine Seereise, und der Vater des Freundes gewinnt Anton als Begleiter seines Sohnes.
Die Reise startet in Hamburg und führt mit dem Dampfer „Meteor“ über Lissabon, Madeira, Teneriffa, Tanger, Gibraltar, Algier, Tunis, Palermo nach Neapel und Capri. Am 7. Dezember Abfahrt mit dem Dampfer „Rhein“ nach Colombo. Wildgans überlegt sogar, hier oder in Australien zu bleiben und eventuell als Geigenspieler sein Geld zu verdienen.

Am 13. Januar 1905 Abfahrt mit dem Dampfer „Friedrich der Große“ nach Australien, dort über Fremantle, Perth, Adelaide und Melbourne nach Sydney. Rückreise nach Europa am 18.2.1905. Am Rückweg erste Attacke einer Beinvenenentzündung als Folge des Scharlachs, an dem er noch lebenslang leiden wird, mit einem wochenlangen Aufenthalt im Deutschen Hospital in Neapel. Am 8. April Weiterreise mit dem Dampfer „König Albert“ über Palermo nach Monte Carlo. Er trifft Anfang Mai 1905 am Semmering ein und ist schließlich am 10. Mai 1905 wieder in Wien.

Wildgans tritt als Gerichtspraktikant in den Staatsdienst ein (1910/1911), schlägt dann aber die Laufbahn eines freien Schriftstellers ein.
1909 heiratet er Lilly Würzl (* 22. Mai 1886, † 21. März 1968 Mödling) und wohnt im 8. Bezirk, in der Schmidgasse und der Lenaugasse. 1921/1922 und 1930/1931 wirkt Wildgans als Direktor des Burgtheaters. Wildgans erhält den Grillparzer- und Volkstheaterpreis.

Im Jahr 1932 wird   Wildgans für den Nobelpreis für Literatur nominiert.
Er stirbt jedoch noch im selben Jahr im Alter von 51 Jahren. Er wurde in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.
Prof.Amalia Theresia „Lilly“ Wildgans gründete nach dem Tod ihres Ehemanns mit Freunden die Anton-Wildgans-Gesellschaft und erstellte ein umfassendes Archiv über das Leben und Wirken von Anton Wildgans. Die Mödlinger Villa befindet sich noch im Besitz der Nachkommen.

Die künstlerische Entwicklung von Anton Wildgans geht vom Naturalismus (beeinflusst von Gerhart Hauptmann) über den Symbolismus zum Expressionismus. Die von ihm geschaffene Lyrik steht anfangs unter dem Einfluss von Rilke und Hofmannsthal, erfährt aber bald durch realistische Naturnähe, Anmut und Musikalität persönliche Prägung; eine tiefe Liebe zu aller Kreatur, aber auch Hingabe an den Zauber der Landschaft und Verbundenheit mit seiner Heimatstadt kommen in ihr zum Ausdruck.

Die bekanntesten Werke sind seine Lyrik (Vom Wege, 1903; Herbstfrühling, 1909; Und hättet der Liebe nicht, 1911; Die Sonette an Ead, 1913; Das große Händefalten, 1914; Österreichische Gedichte, 1914/1915; Mittag, 1917; Dreißig Gedichte, 1917; Wiener Gedichte, 1926), seine Dramen (In Ewigkeit Amen, 1913; Armut, 1914; Liebe, 1916; Dies irae, 1918; Kain, 1919), sein Hexameterepos "Kirbisch" (1927), seine autobiographische Prosa "Musik der Kindheit" (1928), die "Rede über Österreich" (1929) und "Ich beichte und bekenne" (1933).

1957 legte die Republik Österreich zum 25. Todestag von ANton Wildgans eine Marke mit Nennwert öS 1,-- (= € 0,07) auf und prägte 1981 zum 100. Todestag eine 500-Schilling-Münze (= € 36,--).

 

Der "Anton Wildgans Preis der Österreichischen Industrie" wurde 1962 das erste Mal vergeben. Die Auszeichnung, die mit 15.000 Euro dotiert ist, wird jährlich an eine österreichische Schriftstellerin oder einen Schriftsteller der jüngeren oder mittleren Generation, "deren/dessen Schaffen die abschließende Krönung noch erwarten lässt", verliehen. Die unabhängige Jury setzt sich mit Stand 2021 aus Marianne Gruber (Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Literatur), Johann Holzner (ehemaliger Leiter des Brenner-Archivs an der Universität Innsbruck) und Barbara Neuwirth (Schriftstellerin) zusammen.

Familiengeschichtliche Forschungen der Witwe des Dichters haben ergeben, dass der Name Wildgans eine Verballhornung des Namens Wilkens ist, den die aus dem nördlichen Deutschland nach Wien zugewanderte Familie ursprünglich getragen hat.

Quellen:
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Anton_Wildgans
http://www.antonwildgans.at/