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Wenn es allgemein heißt, „Es kummt nix bessers nach“, so strafte Mag. Anton Knoll dieses Klischee Lügen. Auch der zweite Rundgang durch die Nationalbibliothek gestaltete sich spannend, informativ und unterhaltsam.

Das begann für die interessierte Altpiaristner-Gruppe schon im Erdgeschoß. Stieg man im Frühjahr noch in den ersten Stock, um den Prunksaal zu erkunden, ging es nun unter die Straßen der Stadt. Mag. Knoll wählte dankenswerterweise einen Weg, der bei den „normalen“ Führungen nicht eingeschlagen wird. Im Kellersystem der Hofburg machte man sich auf den Weg zum „Speicher des Wissens der Nation“. Zwischen Neuer Burg am Heldenplatz und Burggarten ist in 14 Meter Tiefe und auf einer Fläche von insgesamt 18.000 Quadratmetern der Bestand an Büchern und Zeitungen verwahrt, die nach 1850 erschienen sind. Etwa drei Millionen Bände sind da gelagert. Und dabei handelt es sich nur um den jüngeren Bestand. Jährlich kommen an die 40.000 Bände dazu.
Im dritten Untergeschoß ging es in langen Gängen vom Josefsplatz zum Heldenplatz. Um aus dem Kellerlabyrinth in den Speicher zu kommen, waren einige Sicherheitstüren zu „überwinden“. Dann war man am Ziel. Ein Baukörper mit 14 Metern Tiefe, 200 Metern Länge und bis zu 36 Metern Breite. Auf vier Geschossen sind 87.000 Laufmeter Fachböden die Heimat für die Bücher und Zeitschriften. 37.000 Fachteiler sollen die Übersicht erleichtern. Die einzelnen Regale können mittels „Drehsternantrieb“ von einer im Boden liegende Kette verschoben werden. Eine Person kann so Regallasten bis zu 28.500 kg leicht bewegen.

Schier endlose Gänge sind von blau-grauen Regalen begrenzt. Dazwischen stehen sowohl leere als auch beladene blau-graue Bücherwagen. Ein metallenes Schienensystem sorgt für den Transport der angeforderten oder retournierten Bücher. Dieser Telelift ist das moderne Transportsystem. 2010 wurden die 800 Schienenmeter mit 26 Mehrfachweichen und einem Wagen-Hauptspeicher auf Schienen installiert. Die bisher verwendete Butte, eine Art Rucksack aus Holz, gehörte der Vergangenheit an. Der Lift, beziehungsweise jedes Wägelchen, ist computergesteuert. Hin und wieder sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit Büchern hantieren, zu sehen.
Die Bücher benötigen keine besondere Pflege. Die Lagerung in der Tiefe, die konstante Raumtemperatur zwischen 18 und 20 Grad Celsius und die Luftfeuchtigkeit von 45% – 50% sorgen für optimale Bedingungen. Abstauben ist nicht nötig. Nur die leeren Regale werden hin und wieder abgesaugt.
Speziell seit dem Brand in der Hofburg im November 1992 wird Sicherheit im Bücherspeicher großgeschrieben. Die Nationalbibliothek war damals zwar nicht betroffen, aber tausende Bücher mussten in Sicherheit gebracht werden. Da Wasser und Schaum große Schäden verursachen können, befindet sich im Tiefspeicher als Brandschutz an jeder Station eine Inergen-Löschanlage. Im Ernstfall wird mit dem Gasgemisch gelöscht.
Auf verworrenen, unterirdischen Wegen brachte Mag. Knoll die Gruppe wieder auf Straßenebene und bot ihr zum Abschluss einen eindrucksvollen Blick vom Dachgeschoß der Hofburg auf die Albertina und Staatsoper.   HD