MJg 1989 / Abteilungsleiter Stv. Abteilung I/4, Bundesministerium für Finanzen

Was macht der Herr Finanzminister so den ganzen Tag? Wer bestreitet die Arbeit hinter den ganzen Ausschüssen, Plenarsitzungen oder Ministerräten für ihn? Ein Altpiaristner kann uns auf diese Fragen Antwort geben. Mag. Hans-Jürgen Gaugl, Maturajahrgang 1989, ist einer der Beamten in der informationslogistischen Schaltstelle des Finanzministerium und gibt uns einen kleinen Einblick hinter die Kulissen des täglichen politischen Geschehens …
 

AP: Sie haben 1989 maturiert. Wie ist es dann in Folge weitergegangen?

Entgegen dem Rat einmal eine kurze Auszeit zu nehmen, habe ich mich damals gleich in mein Studium gestürzt. Ich habe Rechtswissenschaften an der Universität Wien studiert und bin 1994 fertig geworden. Während des Studiums habe ich bereits begonnen bei der Post zu arbeiten – klassisch in der Sortierung und Verteilung, später auch am Schalter – was für mich damals ein sehr wichtiger Schritt in Richtung Unabhängigkeit war. Nach der Beendigung meines Studiums bin ich dann auch gleich bei der Post geblieben und bin dort in die Rechtsabteilung berufen worden. Damals war die Post noch in staatlicher Hand und ich konnte hautnah miterleben und mitgestalten, wie diese nach und nach ausgegliedert, spricht privatisiert wurde. 1999 wechselte ich dann zur GIS, die wohl sehr vielen Leuten, als „böse Gebühreneintreiber“ bekannt ist, und konnte auch dort als Bereichsleiter der Bereiche Befreiungen, Recht und Personal beziehungsweise Prokurist dabei behilflich sein, diese nach der Ausgliederung der Post neu eingerichtete Gesellschaft aufzubauen. Danach, 2002, wechselte ich ins Bundesministerium für Finanzen und war dort zunächst zuständig für legistische Fragen des Versicherungsaufsichtsrechts sowie für die Vertretung Österreichs in Brüssel (als Delegationsleiter bei den Kommissions- und Ratsarbeitsgruppen etwa zur Kraftfahrzeugshaftpflichtversicherung) und Paris (im Versicherungsausschuss und den zu diesem Themengebiet gebildeten Unterausschüssen der OECD). 2004 erfolgte dann der letzte Wechsel in die Abteilung I/4 im Bundesministerium für Finanzen („Informationslogistik und Verwaltungsvereinfachung“), wo ich heute Abteilungsleiter-Stellvertreter bin.


AP: Welche Aufgaben hat die Abteilung I/4 bzw. mit welchen Themen beschäftigen Sie sich?

Wir bereiten den Finanzminister, sei es vorher Mag. Karl-Heinz Grasser oder jetzt Vizekanzler Mag. Wilhelm Molterer, auf Ausschusssitzungen, Plenardebatten, Ministerräte etc. vor. Das heißt, wir recherchieren, geben bei fachspezifischen Fragen diese an die Fachabteilungen weiter und koordinieren die Erstellung der dazugehörigen Antworten sowie überlegen uns, welche Fragen kommen könnten. D.h. sehr viel, zu dem der Finanzminister oder sein Staatssekretär Stellung nimmt, entstammt unserer Feder.
Konkret bearbeiten wir Anfragen aus dem Parlament – Nationalrat oder Bundesrat – an den Finanzminister, die wir innerhalb von zwei Monaten beantworten müssen. Oder es sind „dringliche Anfragen“ aus dem Parlament – man hört oder liest es immer wieder in den Medien – für diese haben wir nur wenig Stunden Zeit, ehe sie im Parlament diskutiert werden.
Aber auch Rechnungshofberichte wandern durch unsere Abteilung und die Koordination der Begutachtung von Eigen- und Fremdlegistik durch die FachexpertInnen im Hause erfolgt ebenfalls durch unsere Abteilung. Wir geben dann überall eine Stellungnahme für den Herrn Finanzminister ab.
Ich sage immer, wir sind die Dolmetscher zwischen Politikerdeutsch und Beamtendeutsch.


AP: Sie sind also hautnah am politischen Geschehen „dran“?

Ja natürlich. Die Aufgaben meiner Abteilung sind absolut nah am politischen Alltagsgeschehen dran, und da es kaum eine Materie gibt, zu welcher nicht auch budgetäre Auswirkungen gegeben wären, bekommt man auch so ziemlich jede Entwicklung in unserem Land hautnah mit: sei es über die Begutachtungen der Entwürfe zu den Regierungsvorlagen, über die abzugebenden Stellungnahmen zu selbstständigen Anträgen der Abgeordneten, über den Ministerrat oder über die Behandlung in den parlamentarischen Ausschüssen, bei welchen wir ebenfalls vor Ort sind, um unseren Finanzminister oder dessen Staatssekretär mit Informationen zu unterstützen, bis hin zur Plenarbehandlung oder auch über die Rechnungshofaktivitäten. Und nachdem Mag. Wilhelm Molterer ja nicht nur Finanzminister, sondern auch Vizekanzler ist, haben wir seit einiger Zeit auch die Aufgabe, ab und zu zu Themen Stellung zu nehmen, die jetzt nicht nur ausschließlich den Finanzbereich betreffen.


AP: Das heißt man könnte Sie quasi als „rechte Hand“ des Herrn Vizekanzlers bezeichnen?

Die wirklichen „rechten Hände“ sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministerkabinetts. Diese beraten den Herrn Vizekanzler natürlich in allen möglichen Fragen. Aber sagen wir einmal, wir arbeiten sehr nahe beim Finanzminister.


AP: Was reizt Sie besonders an Ihrer Tätigkeit?

Es ist einfach sehr viel Abwechslung und immer etwas Neues. Und natürlich ist es manchmal auch sehr amüsant, wenn man in einer Tagszeitung dann das liest, was man selber verfasst hat – oder was eben JournalistInnen daraus gemacht haben.


AP: Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Schulzeit im Piaristengymnasium?

Ich habe eigentlich nur sehr gute Erinnerungen an das Piaristengymnasium. Es war wirklich eine tolle Zeit, aber ich möchte nicht mehr mit den Schülerinnen und Schülern tauschen. Wenn ich an den ganzen Prüfungsstress und den Druck denke, dem man in der Schulzeit ausgesetzt ist….
Ich schätze die Ausbildung in unserer ehemaligen Schule sehr. Vor allem das breite Allgemeinwissen, welches man hier vermittelt bekommt, ist einfach sehr viel Wert. Oder auch Latein – man kann darüber sehr viel streiten – finde ich, ist die Grundlage für logisches Denken und gerade, wenn man vor hat, nach der Schule ein Jus-Studium zu beginnen, einfach unverzichtbar.


AP: Sind Ihnen bestimmte Lehrer noch in besonderer Erinnerung?

Natürlich, da gibt es einerseits Frau Prof. Stemberger, die ich als Menschen sehr, sehr schätze. Ich habe sie als eine Frau in Erinnerung, der es nicht nur um unsere geistige Weiterentwicklung ging, sondern der auch unsere menschliche Reifung ein gelebtes Anliegen war. Oder auch ein Prof. Lang – seine Stundenwiederholungen waren bei uns ja sehr gefürchtet – der uns ein wirklich ausgezeichnetes Englisch beigebracht hat. Und als ich damals nach langen Jahren ohne praktische Verwendung für meine Englischkenntnisse beruflich sehr viel in Brüssel zu tun hatte, habe ich mich auf dieser Basis hervorragend verständigen können und sogar das eine oder andere Kompliment erhalten, wie gut mein Englisch sei.


AP: Sie sind sicherlich ein viel beschäftigter Mann – bleibt da Zeit für ein Privatleben?

Aber sicherlich. Ich bin verheiratet und habe eine fünfjährige Tochter. In meiner Freizeit gehe ich gerne ins Fitnessstudio. Bis vor kurzem war ich auch noch politisch in meiner Heimatgemeinde, in Purkersdorf, als Stadtparteiobmann der ÖVP tätig. Dieses Amt habe ich aber aus Zeitgründen an meine Nachfolgerin abgegeben. Den Rest der Zeit verbringe ich, so gut wie möglich, mit meiner Familie.

MR / 2007