MJg 1974 / Abt. für Anästhesie und Intensivmedizin KH Hietzing, Leitender Oberarzt der Blutbank im KH Hietzing, Blutbeauftragter des KAV TU1

Facharzt für Anästhesiologie und Allgemeine Intensivmedizin, Facharzt für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin, Allgemein zertifizierter und gerichtlich beeideter Sachverständiger für beide Fachgebiete

 

Traditionell sind Mediziner eine sehr stark vertretene Berufsgruppe in unserem Verein. Das Interesse an dieser Ausbildung ist ungebrochen und so gibt es Jahr für Jahr eine große Anzahl an Absolventen unseres ehemaligen Gymnasiums, die einen medizinischen Beruf anstreben und sich am Auswahlverfahren der Medizinischen Universität versuchen. Grund genug für uns, einmal ein Kurzporträt über einen Mediziner aus unseren Reihen zu veröffentlichen.

AP: Sehr geehrter Herr Dr. Perger, Sie haben 1974 maturiert. Wie ist es nach der absolvierten Matura bei Ihnen weitergegangen?

Ich habe gleich nach der Matura mit meinem Medizinstudium an der Universität Wien begonnen und 1981 ebendort promoviert. Danach kam die Turnuszeit, welche ich eher in kleineren Spitälern wie dem UKH Meidling und dem LKH Mödling absolviert habe. 1985 habe ich dann am AKH Wien mit der Facharztausbildung begonnen und 1990 wurde ich als Facharzt für Anästhesiologie und Allgemeine Intensivmedizin anerkannt. 1991 wechselte ich dann ins Krankenhaus Lainz wo ich 1992 zum Oberarzt mit spezieller Berücksichtigung transfusionsserologischen Aufgaben ernannt wurde. Dort hatte ich die Aufgabe aus einer kleinen Blutbank, einen 24-Stundenbetrieb einschließlich Herstellung von Blutkonserven aufzubauen. 1995 kam dann die zweite Facharztanerkennung für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin. Zwei Jahre später habe ich die Ausbildung zum Qualitätskoordinator im Gesundheitswesen abgeschlossen und seit 2000 bin ich auch als allgemein zertifizierter und gerichtlich beeideter Sachverständiger tätig.


AP: Welche sind Ihre Aufgaben in Ihrem beruflichen Alltag?

Einerseits bin ich noch „normaler“ Anästhesist, das heißt, zum Beispiel im letzten Monat habe ich vier Tage im OP und einen Tag in der Ambulanz Dienst gehabt. (auch um den „praktischen“ Kontakt mit den Patienten nicht zu verlieren) Darüber hinaus bin ich aber größtenteils Leiter der Blutbank im Krankenhaus Hietzing und als Blutbeauftragter der TU 1 auch für das Qualitätsmanagement der Blutkonserven im Krankenanstaltsverbund im Großraum Wien – das heißt alle Wiener Gemeindespitäler außer dem AKH - verantwortlich. Daneben organisiere ich auch noch das seit 14 Jahren stattfindende Blutdepotleiterseminar im AKH Wien mit und bin Ansprechpartner für sehr viele andere Spitäler. Viel Zeit in meinem beruflichen Leben nehmen natürlich auch diverse Seminare, Kongresse und Besprechungen ein.


AP: Man hört ja immer wieder „Horrormeldungen“ wenn es um das Thema Blutkonserven / Bluttransfusion geht. Sie sind also ein absoluter Spezialist auf diesem Gebiet?

In den letzten Jahren hat sich auf dem Gebiet der Transfusionsmedizin einiges getan. Gerade durch die Übertragbarkeit von HIV oder Hepatitis sind die Behörden wachgerüttelt worden. Daher wird das Thema Qualitätskontrolle hier sehr groß geschrieben und da es in Österreich nur sehr wenige Ärzte mit meiner Fächerkombination von Anästhesie und Transfusionsmedizin gibt, weiß ich natürlich über sehr viel, was auf diesem Gebiet passiert Bescheid. Ich arbeite hier auch sehr eng mit Behörden, sowohl auf nationaler, als auch auf EU-Ebene zusammen. Aber prinzipiell kann man sagen, ist die Qualität der Blutkonserven in Österreich sehr gut. Wir rechnen z.B. bei HIV oder Hepatitis bereits mit Infektionsraten jenseits der Millionengrenze. (in Österreich werden etwa 500.000 Konserven pro Jahr transfundiert) Seit vielen Jahren ist mir auch kein tödlicher Zwischenfall mit einer Blutkonserve in Österreich mehr bekannt geworden. (Was statistisch gesehen schon wieder passieren hätte müssen!) Das hat natürlich seinen finanziellen Preis.


AP: Sie sprechen hier einen Punkt an, der natürlich in Österreich sehr heftig diskutiert wird. Erst vor ein paar Tagen gab es in den Medien wieder eine Meldung über die schwerst defizitäre WGKK. Und dennoch „kränkelt“ das Gesundheitssystem an jeder Ecke. Wo sehen Sie die Probleme des Gesundheitssystems, mit denen ein Mediziner heutzutage zu „kämpfen“ hat?

Zuerst einmal vorweggeschickt finde ich, dass das Österreichische Gesundheitssystem sehr gut aufgestellt ist. Sieht man sich die Lage in anderen Ländern an, ich denke da zum Beispiel an die USA wo die Ärzte mit einer ganz anderen Einstellung an ihre Arbeit herangehen als etwa in Europa. Dort beginnt ein Arzt / Spital gar nicht erst zu arbeiten, bevor er nicht zuerst sichergestellt weiß, dass er dann auch sein Geld sieht und natürlich spielt hier auch der wachsende Druck seitens der Anwälte mit.

Aber auch in Österreich nimmt der Druck von Behörden und drohenden Anwälten immer mehr zu. Und das ist der Grund, warum die Fachärzte dann meistens zu den teuersten und somit vermeintlich besten Therapien greifen. Durch diese Entwicklung wird aber auch die Stellung des Hausarztes untergraben, der kein Risiko eingehen will und die Patienten dann lieber gleich zum nächsten Facharzt weiter überweist. Hinzu kommt noch, dass der Hausarzt für die Behandlung pro Quartal von der Krankenkassa denselben Betrag erhält, egal wie viel oder wie wenig er für den Patienten macht – und so ist der Praktische Arzt in den letzten Jahren eher zu einem „Erstbegutachter“ und „Weiterleiter“ geworden.

Dieses Problem könnte für den Patienten vereinfacht und für die Krankenkassen verbilligt werden, wenn Interdisziplinarität gefördert werden würde. So würde man dem Patienten viele Wege und Zeit ersparen und der Krankenkassa viele abgegoltene Arztleistungen. Auch mit den jetzt endlich genehmigten Gemeinschaftspraxen könnte man sowohl Patienten als auch Krankenkassen viel ersparen, wenn ein schlüssiges Konzept vorliegen würde. (dafür benötigt man wenig Geld aber viel guten Willen!)

Zum anderen sind die Krankenhauskosten sehr hoch, da Ärzte immer mehr mit bürokratischem Aufwand konfrontiert sind und anstatt beim Patienten sein zu können, verbringen diese immer mehr Zeit mit der Dokumentation und Sitzungen. Die Personalkosten sind mit Abstand die größte Aufwandsposition in einem Spital. Zum Beispiel im Krankenhaus Hietzing sind es an die 70%. Hier könnte man entlasten, wenn man mehr Abwicklungshilfen einstellen würde (eine Bürokraft ist wesentlich günstiger als eine medizinische Fachkraft) und somit die Ärzte entlasten würde, die dann anstelle von Schreibarbeit ihrer eigentlichen vorgesehenen Tätigkeit beim Patienten nachgehen können. Aber auch hier könnte Interdisziplinarität sehr weiterhelfen. Patienten werden in Spitälern oft von Abteilung zu Abteilung gereicht. Doppel und Mehrfachuntersuchungen stehen hier natürlich auf der Tagesordnung – auch hier könnte effizienter gearbeitet und somit Geld gespart werden.

Weiters kommt noch dazu, dass Ärzte in ihrem ohnedies schon sehr langen Studium, hauptsächlich medizinisch-fachliche Ausbildung erhalten und Dinge wie Personalmanagement, Qualitätskontrolle oder Betriebswirtschaft, die für die Leitung eines so großen „Unternehmens“ wie es eine Spitalsabteilung darstellt, unabdingbar sind, vernachlässigt werden.


AP: Viele Schüler und Schülerinnen des Piaristengymnasiums hegen den Wunsch, nach absolvierter Matura ein Medizinstudium zu beginnen und den Beruf des Arztes einzuschlagen. Was können Sie diesen raten?

Das Studium der Medizin ist sehr angenehm, da man sich nicht vorzeitig (mit 18 Jahren) festlegen muss, auf welchem Gebiet man sich später spezialisieren möchte. Ähnlich wie im Gymnasium bekommt man hier ein breites Allgemeinwissen über die Materie und muss sich erst nach erfolgter Absolvierung entscheiden, wohin der Weg geht. Jemand der mit den Händen sehr geschickt ist, der wird dann wohl Chirurg, jemand, der gerne mit vielen Menschen zu tun hat, der wird Praktischer Arzt oder Internist und wieder einer, der lieber ganz alleine arbeitet, kann in die Forschung, zum Beispiel in die Pharmabranche gehen.

Aber prinzipiell kann ich aus meiner Erfahrung sagen, dass es von Vorteil ist, wenn man seinen Turnus in einem eher kleinen Spital absolviert, da man hier viel früher und viel schneller gefordert ist, selber praktische Aufgaben auszuprobieren und Entscheidungen zu treffen. Hingegen wenn man z.B. im AKH seinen Turnus absolviert, ist man eher ein Sekretär des ausbildenden Arztes. Dafür ist für eine Facharztausbildung das AKH wieder ausgezeichnet, da man hier natürlich mit sehr vielen Spezialfällen zu tun hat.

Als Anästhesist und als Transfusionsmediziner komme ich im gesamten Spital sehr viel herum, denn so ziemlich jede Abteilung braucht einmal einen Anästhesisten, nicht nur bei Operationen oder auch der Intensivmedizinischen Betreuung, sondern auch zum Beispiel in der Onkologie oder der Geburtenhilfe und nahezu jede Abteilung muss Blutprodukte transfundieren. Und so bekommt man einen kleinen Einblick in fast alle Fachabteilungen, weiß selber ein wenig besser Bescheid oder man kennt zumindest gute Ansprechpartner auf jedem Gebiet.


AP: Hat Sie die Ausbildung im Piaristengymnasium gut auf Ihre Aufgaben in Ihrem Beruf als Mediziner vorbereitet?

Die ersten beiden großen Prüfungen im Medizinstudium zu meiner Zeit waren Physik und Chemie. Beide Fächer wurden damals im Piaristengymnasium sehr vernachlässigt und ich habe mir damals sehr schwer getan. Dafür war es danach umso leichter, denn Latein und Griechisch sind in der Medizin noch immer sehr wertvoll.

Was ich auf alle Fälle als sehr positiv in meiner Ausbildung werten kann ist, dass uns unser damaliger Klassenvorstand, Fr. Prof. Mohilla, zahlreiche Referate halten ließ. Das hat natürlich bei uns Schülern die Fähigkeit in freier Rede zu sprechen sehr gefördert und das kommt mir heute noch zu gute.


AP: Und wie bewerten Sie generell die Ausbildung, die Sie am Piaristengymnasium erhalten haben?

Die Ausbildung im Piaristengymnasium war damals, ähnlich zu der, in anderen Schulen dieses Rufs, wie dem Theresianum oder den Schotten, sehr straff. Wir waren 40 Schüler in der ersten Klasse und wurden sehr gefordert. Am Ende sind gerade einmal zwanzig Schüler übrig geblieben. Die Qualität des Unterrichts hängt sehr stark von dem vortragenden Lehrer und seiner/ihrer Berufung zum Lehrberuf ab. Leider hatten wir damals noch nicht die Möglichkeit, so wie es heute sehr oft üblich ist, auf Schüleraustausch in ein anderes Land zu fahren, das hätte mich sehr interessiert.

Für die heutige Zeit wäre es sicherlich sehr sinnvoll, wenn man den Schülern und Schülerinnen vor allem das universitäre Lernen, welches ja ganz anderes als dasjenige in der Schule ist, näher bringt und man die richtigen, engagierten Lehrer hat, die mit Spaß Enthusiasmus und ausreichend didaktischem Können dabei sind und die Neugierde und Fantasie der jungen Leute fördern und nicht bremsen. (durch meine Kinder und Enkel merke ich das Nachlassen in diesem Bereich – Pädagogik – sehr stark.) Ein weiterer Aspekt für eine gute Schulausbildung ist für mich, dass man Kenntnisse erlangt, die heute wichtiger sind als je zuvor; d.h. Teamfähigkeit, Kommunikation, die Fähigkeit Diskussionen zu führen oder Vorträge zu halten – und natürlich, das man auf das Leben vorbereitet wird – das haben unsere ehemaligen Lehrer, ohne das wir es eigentlich bewusst mitbekommen haben, ganz gut gemacht.


AP: Haben Sie noch Kontakt zu ehemaligen Schulkollegen?

Mit 4-5 Kollegen von damals gibt es noch recht regen Kontakt. Alle anderen sieht man ab und zu bei Klassentreffen, die bei uns alle fünf Jahre stattfinden.


MR / November 2007